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Fake News – Die Leiden der Leser

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FakeNews_XS_NewMedia_BlodDas Internet ist Fluch und Segen zugleich. Einerseits ist die Informationsbeschaffung nie so einfach gewesen wie heute. Andererseits ist die Desinformation ebenso hoch wie nie zuvor. Zwar gab es schon seit jeher die Verbreitung von Ideologien und Meinungen, um die Bürger in einer bestimmten Weise zu beeinflussen, was allgemeingültig als Propaganda bekannt ist. Heute nennt man dieses Phänomen Fake News.

Der US-Wahlkampf wurde nicht nur von Social Bots beeinflusst, sondern auch von sogenannten Fake News. Das Synonym steht für die massenhafte Verbreitung von unwahren Nachrichten, deren Inhalt schwer nachprüfbar und somit nachvollziehbar ist. Was für Journalisten zum alltäglichen Ablauf gehört, nämlich Nachrichten auf den Wahrheitsgehalt zu überprüfen, ist nicht die Angewohnheit des geneigten Lesers. Dieser vertraut auf die Richtigkeit der in Nachrichten verfassten Fakten. Eine Meldung im Nachhinein als falsch zu deklarieren ist zudem schwer durchsetzbar. Denn die Rezipienten beziehen ihre Informationen vermehrt aus dem Netz, explizit auf Social Media-Plattformen, seit neuestem in Form von Instant Articles.

Nachrichtennutzung der Deutschen

Das Hamburger Hans-Bredow-Institut für Medienforschung wertet erhobene Reuters-Daten in einem eigenen Länderbericht aus und kommt zu interessanten Ergebnissen. Beispielsweise geht bei den 18- bis 24-Jährigen der Konsum der Nachrichten im Vergleich zu 2015 über alle Mediengattungen hinweg zurück. Der Nachrichtenkonsum über News-Seiten im Netz z.B. ist von 79 Prozent auf 75 Prozent gefallen. Beim TV von 72 Prozent auf 54 Prozent und beim Radio von 40 Prozent auf 33 Prozent. Zudem nutzt ein Fünftel der Jüngeren ausschließlich Online-Quellen: 21 Prozent der 18- bis 24-Jährigen in Deutschland beziehen Nachrichten ausschließlich über Quellen aus dem Internet; darunter sind 8 Prozent, die ausschließlich Nachrichten über Soziale Medien rezipieren.

Verändertes Nutzerverhalten der Leser

Zudem gibt es auch große Unterschiede im Vertrauen in Nachrichten. Deutschland liegt bei der Aussage „Den meisten Nachrichten kann ich vertrauen“ im Reuters-Vergleich mit 55 Prozent auf Platz sieben, mit 65 Prozent Zustimmung liegt Finnland auf Platz 1. Zum Vergleich: Nur ein knappes Drittel (33 Prozent) der US-Amerikaner vertrauen den Medien. Laut den Autoren der Studie haben hier vor allem westeuropäische und skandinavische Länder mit einem gemischten System aus einem gut finanzierten öffentlich-rechtlichen Rundfunk und kommerziellen Medien gepunktet.

Der Nachrichtenkonsum in Deutschland verändert sich also – wenn auch anders oder langsamer als internationale Trends es nahelegen. Nichtsdestotrotz zeigt ein Blick auf die immensen Altersunterschiede, dass die Entwicklung hin zu einer zentralen Rolle von Smartphones und Social-Media-Plattformen auch deutsche Medien weiter herausfordern wird. Die Reuters-Studie belegt dieses Argument: Im Schnitt nutzen 51 Prozent der Menschen mit Internetzugang Social Media als Nachrichtenquelle (USA und Europa: 46 Prozent). In Deutschland sind es lediglich 31 Prozent. Insgesamt sagt ein gutes Zehntel (12 Prozent), Social Media sei die primäre Quelle für Nachrichten (Deutschland: 6 Prozent).

Vertrauenssache

Die Tatsache, dass gerade einmal 30 Prozent der Befragten eine Sortierung der News durch Journalisten begrüßen und dass sogar 21 Prozent den Journalisten erst gar nicht vertrauen, sollte nicht unterschätzt werden. Jüngere Altersgruppen sind dabei skeptischer als ältere.

Das Problem beim fehlenden bzw. schwindenen Vertrauen ist, dass Leser nicht mehr auf die Kompetenz der geschulten Journalisten setzen, deren oberste Maxime die Objektivität der Berichterstattung ist. Stattdessen werden Meinungsbeiträge, verpackt als Pseudo-Nachricht, von sozialen Plattformen ungeprüft übernommen, geliked und geteilt. Eine massenhafte Verbreitung von Meinungsbeiträgen, die nichts mit einem neutralen Bericht gemein haben, ist das Ergebnis. Zudem bildet sich gerade im Internet ein Kampf um die Meinungshoheit eines Themas: Wer behält Recht, wer lügt? Dabei werden Belege benutzt, deren Quelle mindestens dubios bis unseriös ist.

Das zeigt die internationale Studie Digital News Report der Nachrichtenagentur Reuters. Zwar gehört Fernsehen weiter zur wichtigsten Informationsquelle. Die Bedeutung von Smartphones und Social Media nimmt für die Nutzung von Nachrichten zu. Die Studie zeigt zudem, dass der Trend dahingeht, Nachrichten direkt auf die Plattformen zu posten – etwa in Form von Instant Articles bei Facebook.

Instant Articles – Ursache und Wirkung

Mit Instant Articles können Artikel direkt auf der Facebook-Seite gelesen werden; eine Umleitung zur eigentlichen Nachrichtenseite kommt dadurch nicht mehr zustande. Die Gefahr besteht dabei, dass es nun vielfach einfacher ist, falsche Nachrichten im Umlauf zu bringen, da der Leser nicht mehr auf die Ursprungsseite der Nachricht weitergeleitet wird. Man muss also darauf vertrauen, dass die Seite, die einen Artikel direkt zur Verfügung stellt, seriös arbeitet, da sonst die Gefahr besteht, Unwahrheiten auf den Leim zu gehen und diese im schlimmsten Fall durch Teilen weiter verbreitet.

Der vermeintliche Bericht könnte also in Wirklichkeit eine Meinung sein, aus der Meinung wird dann schnell ein Fakt. Sobald eine nicht korrekte Geschichte im Umlauf ist, ist diese schwer wieder einzufangen. Zudem dient diese Veröffentlichungsvariante primär dazu, Aufmerksamkeit zu erregen. „Click Baits“ ist das Zauberwort, denn jeder Klick bedeutet, dass die Seite besser für Werbetreibende vermarktet werden kann. Gerade Fake News sind voll mit falschen Behauptungen, die irgendwelche bekannten Persönlichkeiten betrifft und sich vor allem über soziale Medien rasend schnell verbreiten.

Berühmt und im Fokus

In einem aktuellen Fall trifft dies auf Tesla- und SpaceX-Chef Elon Musk zu. Der Name ist bekannt, so dass laut US-Medienunternehmen Bloomberg momentan viele Anti-Musk-Texte unter ausgedachten Pseudonymen bei Facebook veröffentlicht werden. Es geht nicht nur darum, Musk größtmöglichen Schaden zuzufügen, sondern um den Menschen Musk, der einen hohen Bekanntheitsgrad besitzt und dadurch viele Klicks generieren könnte. Jeder Klick bedeutet bares Geld. Facebook selbst reagiert auf die rasante Verbreitung von Fake News und kündigt sieben Gegenmaßnahmen an.

Auch Grünen-Abgeordnete Renate Künast musste sich zuletzt mit einer Falschnachricht auseinandersetzen. Mehrere Facebook-Seiten haben ein Foto der Politikerin samt eines angeblichen Zitats veröffentlicht, wonach sie zum Mord an der Studentin Maria und zur Festnahme eines Verdächtigen in Freiburg gesagt haben soll: “Der traumatisierte junge Flüchtling hat zwar getötet, man muss ihm aber jetzt trotzdem helfen.” Als Quelle für das angebliche Zitat nannte der Autor der gefälschten Nachricht die Süddeutsche Zeitung.

Künast stellt Strafanzeige gegen die Macher einer rechtsnationalen Facebook-Seite sowie gegen Unbekannt. Zugleich kritisiert sie Facebook scharf. Trotz der eindeutigen Sachlage habe es gut drei Tage gedauert, bis der Eintrag verschwunden sei. Fake-News müssten künftig “umgehend nach Meldung gelöscht werden”, fordert Künast.

Maßnahmen gegen Fake News schaffen

In Zeiten des Internet ist es geboten, Menschen in Deutschland die Welt der Medien umfassend zu erklären. Eine Möglichkeit wäre beispielsweise, ein Schulfach namens “Medienkompetenz” einzuführen. Im Unterricht kann dann die Funktion, der Aufbau und der Ablauf von Nachrichten bzw. Medien erklärt werden. Denn wenn Rezipienten wissen, wie Nachrichten aufbereitet werden, fällt höchstwahrscheinlich nicht mehr auf Falschmeldungen rein und ist zudem in der Lage, bei Zweifel an Nachrichteninhalten eigene Nachforschungen anzustellen.

Es bleibt zudem zu hoffen, dass Facebook-Firmenchef Zuckerberg das Thema Fake News ernst nimmt. Nicht nur, dass gerade junge Menschen vermehrt die Nachrichten über soziale Medien beziehen und die Nachrichtenauswahl durch einen Algorithmus bestimmt wird. Grundsätzlich steht die Glaubwürdigkeit der Medien auf der Kippe und gerade diese sorgen für ein Gleichgewicht in einer Demokratie. Fällt die Glaubwürdigkeit weg, fehlt die Kontrolle und es entsteht mindestens Unsicherheit bis Chaos: Was stimmt, was nicht?

Quellen:

Zeit.de/Instant-Articles

vox.com/Fake-News

heise.de/Luegenpresse-Fake-News

ndr.de/zapp

 

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